Geheimnisvoll erklingt die Zeit
- maxschaefer2
- 23. Dez. 2024
- 10 Min. Lesezeit
Einblicke in die vergessene Kunst des Glockengiessen

Das Feuer im Ofen knistert und prasselt. Die Kerze auf dem aus Weißtannenzweigen und Mistel gebunden Adventskranz lodert auf und von Ferne ertönen die Kirchenglocken. Ihr klarer, voller Klang fließt mit dem Morgennebel durch die Straßen, ein schwebender Teppich aus tiefen und hellen Tönen, und sieht zu, dass in jedem Haushalt, bei jedweder Beschäftigung, einen kurzen Moment innegehalten wird. Ich sitze und lausche und finde, dass im Klang der Kirchenglocken wie in kaum einem anderen etwas Heiliges mitschwingt, etwas, das selbst dem trübsten aller Tage einen goldenen Schimmer verleiht. Meine Gedanken wandern mit dem verhallenden Glockengeläut davon, erinnern sich an einen ganz gewöhnlichen Mittwoch im November, der sich vom Zauber dieser Töne berührt in einen besonderen Tag verwandelt hat. "Mir scheint der Umstand sehr wunderbar und bemerkenswert, daß die Kunst erfunden ward durch einen Klöppelschlag in einer und derselben Minute in tausend verschiedenen Herzen eine und dieselbe Empfindung zu wecken." François-Rene de Chateaubriand Wir sind bei Karin eingeladen, sind in ihrer Wohnung in Karlsruhe auf ein Tässchen Kaffee, und noch bevor ich mich in den an ein Museum erinnernden Zimmern umsehen kann, zeigt Karin mir eine runde, goldene Scheibe direkt neben der Tür. "Das ist ein Buckelgong", sagt sie, "einer der ersten Vorläufer unserer Glocken. Er wurde auf den fernöstlichen Reisfeldern benutzt, um die Arbeiter zur Pause zu rufen." Mein Blick streicht über den Gong, weiter durch die Küche in den Salon, wo sich in deckenhohen Regalen kleine Bronzeskulpturen aufreihen. Die Wände sind voller Gemälde, am besten gefällt mir eine Serie von Werken im Flur, die in sprühenden Farben den Prozess des Glockengießens darstellen. Ein Stockwerk tiefer liegen ehemalige Büroräume, deren Wände nicht mit Gemälden, stattdessen aber mit alten schwarz-weiß Fotografien getäfelt sind. Sie zeigen die Geschichte einer Glockengießerei, von bei ihrem Handwerk aufgenommenen Arbeitern bis zur feierlichen Einweihung dreier Kirchenglocken im Schwarzwälder St. Märgen. Karin zeigt mit dem Finger auf einige Bilder, erklärt genau was darauf zu sehen ist, weiß zu jedem einzelnen eine Geschichte zu erzählen. Man merkt wie viel ihr diese Bilder und Erinnerungen bedeuten - bezeugen sie doch ihre Ära als Leiterin der Glockengießerei Karlsruhe, als Hüterin dieses uralten, zauberhaften Handwerks. Zeitweise war sie weltweit die einzige Frau, die eine Glockengießerei betrieb, und ich höre in ihren Erzählungen einen Anflug von Stolz, keinen aufdringlichen, sondern eher einen leise lächelnden. Diese Arbeit hat sie geprägt, Fragmente davon ziehen sich noch immer durch ihr Leben, als läuteten von fernher die Glocken dieser alten Zeit.

In diese alte Zeit dürfen wir heute mit eintauchen. Wir fahren zu einem großen Karlsruher Gewerbegrundstück, auf dem sich einst Karin's Glockengießerei befand. Das Grundstück war Mitte des letzten Jahrhunderts von Carl Metz, dem Begründer der freiwilligen Feuerwehr, erworben und genutzt worden, um Feuerwehrfahrzeuge zu produzieren. Diese waren damals statt mit Sirenen noch mit Glocken ausgestattet - hierfür wurde eigens die Glockengießerei errichtet. Der zweite Weltkrieg hinterließ auch an ihr seine Spuren. Die Gießerei wurde bei Bombenangriffen fast vollständig zerstört und mühsam, Stein für Stein, wieder aufgebaut. 1982 erwarb Karin mit ihrem Mann das Grundstück und verpflichtete sich, die bestehenden Unternehmen fortzuführen. Ihr Mann wurde somit zum Leiter der ebenfalls auf dem Gelände bestehenden Eisengießerei, sie kümmerte sich um die Glockengießerei. Das bedeutete, dass sie von Grund auf alles lernen musste, was das Handwerk des Glockengießens, sowie das Leiten eines Betriebs mit 30 Angestellten mit sich brachte. Zwanzig Jahre lang war die Glockengießerei ihr Begleiterin durch Freud und Leid, bis 2002 der Betrieb eingestellt wurde. Das ursprüngliche Gebäude, in dem der Zauber geschah, besteht heute nicht mehr. Allerdings hat Karin auf demselben Gelände ein kleines Museum hergerichtet, durch das sie uns jetzt eine Führung gibt. Die Wände sind blau gestrichen, himmelblau, beschrieben mit der Geschichte der Glocken, die Jahrtausende zurückreicht, und bemalt mit Zeichnungen vom Aufbau der Glockenrippen und Glockenstühle. Teilweise sind sie ganz und gar von alten schwarzweiß Fotografien aus der Gießerei bedeckt. Etliche Glocken in allen Größen sind vor den Wänden aufgereiht, ebenso ihre Lehmmäntel und Gipsplatten mit den verschiedensten Verzierungen, Mustern und Heiligenbildern. Es ist eine kleine Halle voller Heiligtümer. Karin läuft langsam hindurch, bedächtig wie eine, die um den Wert der sie umgebenden Schätze weiß. Mit einer Holzrippe zeigt sie immer wieder rechts und links von sich auf Glocken und Fotos, und erzählt die Geschichten dazu. Wieder scheint es mir als hätte sie nichts vergessen, nicht eine einzige der über zweitausend Glocken, die unter ihrer Aufsicht gegossen wurden. "Ich wollte das alles irgendwie erhalten", sagt sie wie zur Erklärung dieser liebevoll zusammengestellten Sammlung an Erinnerungen.



Heutzutage weiß kaum mehr jemand, wie eine Glocke gegossen wird, wie dieser mystische, beseelte Klang, der Sonntag morgens durch die Dörfer weht, wirklich zustande kommt. Wie viele Hände es braucht, wie viele Rohstoffe von Pflanzenfasern über Bienenwachs bis zum später erklingenden Metall, wie viel Geschick und wie viel Feingespür...
"Fest gemauert in der Erden
Steht die Form, aus Lehm gebrannt.
Heute muss die Glocke werden
Frisch Gesellen, seid zur Hand.
Von der Stirne heiß
Rinnen muss der Schweiß,
Soll das Werk den Meister loben,
Doch der Segen kommt von oben"
So lautet der Anfang von Friedrich Schiller's Meisterwerk "Das Lied von der Glocke", in dem er ausführlich den Prozess des Glockengießens schildert und ihm immer wieder tiefgründige Gleichnisse über das Leben und seine verschlungenen Pfade entlockt.
Tatsächlich beginnt dieses uralte Handwerk jedoch viele Arbeitsschritte vor der aus Lehm gebrannten Gußform, von der in Schiller's Gedicht die Rede ist. Jede Glocke findet ihren Anfang in einem Stück Holz, meist festes Eichen- oder Buchenholz, auf das mit millimetergenauer Präzision die sogenannte Rippe, eine Art Schablone für die Glockenform, gezeichnet wird. Hierin liegt viel vom Zauber ihres zukünftigen Klangs. Obwohl er noch lange nicht zu vernehmen ist, wird er von der Größe, der Dicke und dem Schwung dieses Holzrippe bestimmt - bereits ein Millimeter kann darüber entscheiden, ob die Glocke später ihren vorhergesehenen Ton voll und lang nachhallend zu treffen vermag. Jahrhunderte lange Forschung und ein feines Zusammenspiel aus handwerklichen und musikalischen Faktorennliegen in diesen unscheinbaren Holzschablonen.
Karin erzählt von den Meistern, die sie das Bemessen und Zeichnen dieser Rippen gelehrt haben - darunter der bedeutende Glockengießer Friedrich Wilhelm Schilling, der nach dem Zweiten Weltkrieg dafür gesorgt hatte, dass über 13.000 Glocken vor der von Adolf Hitler angeordneten Einschmelzung bewahrt wurden. Von Friedrich Wilhelm Schilling lernte Karin die Herstellung der sogenannten Schilling-Rippe, von einem weiteren Meister, Heinrich Fenrich, die der Bachert-Rippe, jede benannt nach ihrem Erfinder und jede mit ihrer ganz einzigartigen Form.


Um eine Glocke gießen zu können, braucht es zunächst einen aus Ziegelstein und Lehm gebauten, stabilen Kern, einen Unterbau quasi, der die Glocke trägt. Die Holzrippe wird auf der obersten, feinen Lehmschicht entlang geführt und sorgt für die perfekte Form. Darüber wird aus einem Gemisch aus Lehm, Sand und Zement eine "falsche Glocke" gebaut, die zunächst als Platzhalter für die tatsächliche Glocke fungiert. Auf ihr werden filigrane Verzierungen aus Bienenwachs angebracht - je nach Auftraggeber sind dies blumige Ornamente, Schriftzüge oder Bilder von Heiligen & Madonnen, die extra von Künstlern angefertigt werden. Auch eine aus Wachs gegossen Krone wird angebracht, an der die a Glocke später aufgehängt werden kann. Über die falsche Glocke wird nun der Glockenmantel geschichtet, wobei dem Lehm zunächst Schafwolle oder Pferdehaar, dann grob geheckselte Pflanzenfasern beigemischt werden. Die Rezepturen werden von den jeweiligen Gießereien oft wie Schätze gehütet und von Generation zu Generation weitergegeben. Ist der Mantel fertig und sind alle Schichten getrocknet, wird die falsche Glocke herausgeklopft. Ein Hohlraum entsteht, in den sich bald darauf glühend heißes Metall ergießen wird. "Wohl! nun kann der Guss beginnen, Schön gezacket ist der Bruch. Doch bevor wir's lassen rinnen, Betet einen frommen Spruch! Stoßt den Zapfen aus! Gott bewahr' das Haus. Rauchend in des Henkels Bogen Schießt's mit feuerbraunen Wogen" Der eigentliche Guß ist der kritischste und mit Sicherheit der spektakulärste Moment des Prozesses. Im Schmelzofen auf über tausend Grad erhitztes Zinn und Kupfer vermengen sich zu einem rot glühenden Strom, der durch vorgefertigte Kanäle in die Glockenform eingegossen wird, bis sie ganz ausgefüllt ist. Eine Woche lang erkaltet die Bronzeglocke, wird dann von ihrem irdenen Kern und Mantel befreit, poliert und schließlich anhand von Stimmgabeln auf die Reinheit ihres Klang geprüft.
Ein bisschen kommt es mir wie ein Wunder vor, dass die Alchemie von Holz, Wasser, Erde, Wachs, Feuer und Metall einen solch klaren Klang hervorbringt, der über Kilometer weit und für eine scheinbar endlose Weile nachhallt, und der, was er berührt, beseelt...
Die vom Aussterben bedrohte Handwerkskunst des Glockengießens ist eine Wegkreuzung, an der sich die harte, nicht ungefährliche Arbeit mit dem heißen Metall, sowie die feine, detailreiche Kunst des Verzierens und nicht zuletzt die geisteswissenschaftliche Ebene der Musik begegnen und vereinen. Diese mystische Form des Handwerks, in die die religiösen und spirituellen Bräuche verschiedenster Kulturen mit einfließen, hat es geschafft, dem Metall einen Ton zu entlocken, einen Klang, der zum Ursprung unseres Sein zurückzuführen scheint. "Und die Sonne stand wie ein großer, leuchtender Altar weit draußen, wo Himmel und Erde zusammentreffen. Alles schmolz in glühenden Farben, der Wald sang, das Meer sang, und sein Herz sang mit. Die ganze Natur war wie eine große, heilige Kirche, deren Pfeiler die Bäume und schwebenden Wolken, deren Samtbehänge die Blumen und das Gras, und deren große Kuppel der Himmel selbst war. [...] Und sie hielten sich bei den Händen in der großen Kirche der Natur und der Poesie, und über ihnen erklang die unsichtbare heilige Glocke, umschwebt vom Tanze der seligen Geister zu einem jubelnden Hallelujah." So beschreibt Hans-Christian Andersen den Höhepunkt seines Märchens "Die Glocke", in dem ein ganzes Dorf von einem plötzlich auftauchenden, von unbekannter, mysteriöser Quelle her kommenden Glockengeläut in den Bann gezogen wird. Hier wird nicht nur eine Art Naturmystik mit dem Klang der Glocke assoziiert, sondern auch ihre unweigerliche Verbindung mit dem Göttlichen, dem Sakralen deutlich gemacht. Auch für Karin besteht diese Verbindung. Für sie lebt in jeder Glocke nicht nur eine bewahrenswerte Tradition, sondern auch eine Brücke zum Heiligen. Als wir bei unserem Museumsrundgang an einer hölzernen Jesusfigur anhalten, streicht sie behutsam mit den Finger über das Holz und berichtet mit einem Hauch von Demut in der Stimme, dass diese Figur stets über der Gießgrube gehangen habe. "Der hat aufgepasst", sagt sie. "Ohne den kann man nicht schaffen." Ohne ihren Glauben, erklärt sie, hätten sie und ihre Mitarbeiter die gefährliche Arbeit mit der glühend heißen Schmelze nicht bewältigen können.


Die Geschichte der Glocken birgt jedoch, wie so vieles, was eine lichte Seite an sich hat, auch eine dunkle. Wie bereits angedeutet, kam es im Zuge des zweiten Weltkriegs zunächst zu einer freiwilligen Abgabe, später zu einem erzwungenen Einzug unzähliger Kirchenglocken im Rahmen der sogenannten "Metallspende". Bronze wurde als wichtiges Material für die Aufrüstung angesehen, und die Glocken in später als "Glockenfriedhöfe" bezeichneten Lagern gestapelt und letztendlich eingeschmolzen. In Karin's Stimme erahne ich, als wir über dieses Thema sprechen, einen Anflug von Unverständnis und Wut ob der Zerstörung so vieler heiliger Kunstwerke. Aber auch diese zerstörerische Tradition hat weit in die Vergangenheit reichende Wurzeln. Schon im Mittelalter wurden Glocken eingeschmolzen, um Kanonen zu gießen, und Kanonen wiederum, um Glocken zu gießen. Freud und Leid, Gesichter derselben Medaille. Glocken und Kanonen, bronzene Geschwister, die sowohl das Potenzial für Schönheit als auch für Zerstörung in sich trugen. Und schon damals vernichteten Brände, Kriege und Plünderungen ganze Kirchen und Klöster, Münster und Burgen, und mit ihnen Glocken, die darin Jahrhunderte lang geschallt und geklungen hatten... Ihren wichtigsten Auftrag verdankt Karin eben so einem Unglück. 1987 wurde sie mit dem Guß der Stadtglocke für die Frankfurter Paulskirche beauftragt, die im zweiten Weltkrieg wie auch große Teile der restlichen Stadt in Flammen gestanden hatte. Nach dem Wiederaufbau gilt die Kirche heute als nationales Denkmal und wird hauptsächlich als Ort für Ausstellungen und Veranstaltungen genutzt, wie etwa die Verleihung des Friedensnobelpreises. Karin erzählt, wie beim Wiederaufbau nach dem Brand geforscht werden musste, um herauszufinden, mit welcher Rippe die ursprüngliche Glocke der Kirche gefertigt worden war, und wie sie schließlich den Auftrag erhalten hatte. Die damals von ihr von Hand gezeichnete Schilling-Rippe, mit der die 3500kg schwere Glocke gegossen wurde, hat sie immer noch, als Andenken. "Das sind Erinnerungen, die vergisst man einfach nicht."

Tausende von Glocken wurden in Karin's zwanzig Jahren als Leiterin der Gießerei gegossen, mit ihnen die ganze Rheinebene, teilweise das Elsaß und zahlreiche Orte im Schwarzwald beliefert. Als Frau in einem von Männern dominierten Feld musste sie dennoch oft ihren Vornamen kürzen, allein im Straßburger Muenster wird sie mit vollem Namen genannt als die Verantwortliche hinter den heiligen Tönen. Hierzu meint sie, bedauernd, aber ohne Groll: "Bei der Einweihung von Glocken oder bei öffentlichen Anlässen werden oft große Reden geschwungen, aber die Glocke, wenn sie danach läutet, spricht für sich." Ihre Liebe und Verehrung gilt dem Klang, den Momenten, in denen sie den Tönen ihrer selbst gegossenen Glocken lauschen darf. Es ist ein unbeschreibliches Gefühl für sie, das tief ins musikalische Herz eindringt. Karin erzählt, dass es ihr im Kern nie um den wirtschaftlichen Aspekt gegangen sei, sondern genau um dieses Gefühl, darum, wie es sein würde, irgendwann den Ton der fertigen Glocke zu hören, ihren bis zu sieben Minuten langen Nachhall, der über eine ganze Stadt zu schwingen vermag. Darin fand sie ihre Faszination, ihren Antrieb und ihre Erfüllung, und darin sah sie sich und ihre Arbeit wiedergespiegelt. Immer im Klang, im zeitlosen Klang der auf eine Weise die Ewigkeit berühren konnte. "Ich habe mir immer gesagt, daß Alter einer Glocke ist mindestens 500 Jahre, und wenn kein Verrückter kommt, der sie runterholt und einschmilzt für Kriegszwecke, dann klingt sie 500 Jahre und länger, und erinnert an die Meister, von deren Händen sie gegossen wurde. " Damit meint Karin keineswegs nur sich, oder ihre eigenen Meister. Sie weiß um die Jahrtausende alte Geschichte, die unzähligen Fäden, die in den Bau einer jeden Glocke fließen und sie Bestandteil werden lassen von etwas Größerem! Diese Geschichte reicht fast 5000 zurück, beinahe bis in die Bronzezeit, wo in fernöstlichen Ländern der Gong, Vorläufer der Glocke, sowohl als praktisches, als auch als spirituelles Werkzeug genutzt wurde. Schon die Klänge der ersten Gongs verhalfen zu Andacht und Einkehr, zum Sich-Besinnen und dem Erfühlen der Verbindung mit dem Göttlichen. Die daraus abgeleitete und über unzählige Generationen entwickelte Wissenschaft um Technik, Form und Klangteppich führte die Glocke auf ihrem Weg in die Moderne durch viele verschiedene Stationen. Vom bereits zu Beginn erwähnten Buckelgong über buddhistische Tempelglocken, von keltischen Tierglöckchen und afrikanischen Eisenglocken über klösterliche Bienenkorb- und Zuckerhutglocken und ägyptische Handglocken, bis zu den gotischen Glockenformen, mit denen heute noch gearbeitet wird... All die Formen und Verwendungen, kulturellen und religiösen Einflüsse bilden das Vermächtnis dieses meisterhaften Kunsthandwerks. Es schwingt in jedem Glockenschlag, bezeugt die lang vergangene, ebenso wie die in der Gegenwart für einen süßen Moment stillstehende Zeit, und lässt sie erklingen... "Im Glockengeläut berührt sich die Zeit immer wieder mit ihrem Gegenpol, der Nichtzeit, und das ist die Ewigkeit." Werner Bergengrün

„Und dies sei fortan ihr Beruf
Wozu der Meister sie erschuf:
Hoch überm niedern Erdenleben
Soll sie im blauen Himmelszelt
Die Nachbarin des Donners schweben
Und grenzen an die Sternenwelt,
Soll eine Stimme sein von oben,
Wie der Gestirne helle Schar,
Die ihren Schöpfer wandelnd loben
Und führen das bekränzte Jahr.
Nur ewigen und ernsten Dingen
Sei ihr metallner Mund geweiht,
Und stündlich mit den schnellen Schwingen
Berühr' im Fluge sie die Zeit,
Dem Schicksal leihe sie die Zunge,
Selbst herzlos, ohne Mitgefühl,
Begleite sie mit ihrem Schwunge
Des Lebens wechselvolles Spiel.
Und wie der Klang im Ohr vergehet,
Der mächtig tönend ihr erschallt,
So lehre sie, dass nichts bestehet,
Dass alles Irdische verhallt“
Aus "Das Lied der Glocke", Friedrich Schiller
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